Biographische Stichworte
1952 im Schwarzwald geboren
aufgewachsen im Stuttgarter Süden
in Tübingen Germanistik und Politikwissenschaft studiert
über 30 Jahre an einer Stuttgarter Schule unterrichtet
seit 2012 Beginn der Arbeit mit Bild-Installationen
Ausstellungen
* Fundstücke. Ausstellung in der Galerie Zwinz
Stuttgart
September 2014
* Weihnachtsausstellung in
Tillys Galerie an der Seestraße
Heiden/Schweiz
7./8. Dezember 2014
* Wein, Weib, Gesang.
Kunsthandwerk in der Alten Kelter,
Strümpfelbach
14./15. Februar 2015
* 22. Kunstbegegnung im Frühling
in der Burg Kalteneck
Holzgerlingen
7./8. März 2015
* 20. Markt für schöne Dinge im Roten Haus
Rottenburg-Kiebingen
9./10. Mai 2015
* Adventsausstellung im Vogelsang-Atelier
Stuttgart West
28. November 2015
* Kunsthandwerkermarkt auf Burg Kalteneck,
Holzgerlingen
15. - 29. November 2015
* Neue Fundstücke
VHS Tübingen
20. März - 12. Mai 2016
* 22. Markt für schöne Dinge im Roten Haus
Rottenburg-Kiebingen,
12./13. November 2016
* Wein, Weib und noch andere schöne Dinge
Kunsthandwerk in der Alten Kelter,
Strümpfelbach
18./19. März 2017
* Versammeltes
Verwaltungsgericht Stuttgart
22. Juni - 12. September 2017
* Versammeltes
Cafe 49, Stuttgart Gänsheide
November / Dezember 2017
Detailausstellung in Galerien
* Artani, Stuttgart
* Kunsthaus Schill, Stuttgart
* Galerie Grießhaber, Tübingen
* Augenweide, Stuttgart
Vernissagen - Einführungstexte
Eröffnung der Ausstellung: Fundstücke
Donnerstag, den 25. September 2014 in der Galerie Zwinz, Stuttgart
von Irmgard und Dr. Wolfgang Kuntze.
Wohin wir uns wenden im Gewitter der Rosen,
Ist die Nacht von Dornen erhellt, und der Donner des Laubs,
das so leise war in den Büschen, folgt uns jetzt auf dem Fuß.
Wo immer gelöscht wird – was die Rosen entzünden
Schwemmt Regen uns in den Fluss – oh fernere Nacht.
Doch ein Blatt das uns traf – treibtauf den Wellen – bis zur Mündung uns nach.
Ingeborg Bachmann, Aria I
Liebe Beate,
meine Damen und Herren, liebe Freunde der Kunst,
Rosa Eska –
Beate Schimpf–Kuntze bietet uns heute die Premiere ihrer in den letzten Jahren
entstandenen Kunst in diesen schönen Räumen. Die von ihr sorgfältig
ausgesuchten Fundstücke sind für mich „Lebensbegleiter – Begleiter aus der eigenen
Lebenszeit“ und treiben insofern „auf den Wellen uns nach“. Die Künstlerin suchte
und fand offen sichtlich Gebrauchtes aus gewesenem Zusammenhang und gab diesen
Fragmenten neue Struktur in ansprechenden Rahmen. Damit macht sie Angebote an
uns, die Betrachter und regt zu eigenen Assoziationen oder Erinnerungen an. Die von
ihr ausgewählten Teile laden sozusagen zu neuem, „ästhetischen“ Gebrauch ein.
Für mich ergibt sich da gewissermaßen ein Fortleben von Vergangenem, das zuweilen
eine intensivere Wirklichkeit bekommen kann als das Gewesene.
Zwar ist nach Beuys jeder Mensch ein Künstler, aber nur wenige finden die eigene
künstlerische Sprache und Form und den Mut, sich mit seinen eigenen Ideen zur
Diskussion zu stellen.
In der noch laufenden Ausstellung im Landesmuseum Mainz äußert sich Max Slevogt:
„Wären nicht die Menschen im Grunde alle etwas Künstler, so hätte die Kunst keinen
Zweck, glaube ich“.
Die von Rosa Eska verwendeten Fundstücke bekommen für mich in dem von ihr
geschaffenen Kontext, gesättigt von Vergangenheit, eine eigene Würde im
neugeschaffenen Rahmen. Sie bieten sich uns, den Betrachtern, zu innerem Dialog an,
haben Humor, ansprechende Heiterkeit und Zauber.
Zwei Beispiele:
- Vier Schlüssel unter einem Kästchen : Vermutlich passt keiner. Aber die
„Verschlüsselung“ kann vom Betrachter mit seinem eigenen Erleben und
Erinnern „entschlüsselt“ werden.
- oder ihre Arbeit „wo allein sein“ (auf dem Einladungsflyer oben rechts)
verweist für mich auf einen Hölderlin-Vers aus dessen Gedicht:
„Abendphantasie“:
Wohin denn ich?
Es leben die Sterblichen von Lohn und Arbeit;
Wechselnd in Müh und Ruh ist alles freudig;
Warum schläft denn nimmer nur mir in der Brust der Stachel?
Ich möchte die Anwesenden jetzt anregen, mit ihrem eigenen Erleben den
Herausforderungen und Angeboten nachzugehen, die Rosa Eska mit dieser schönen
Ausstellung geschaffen hat und sich mit ihren Assoziationen und Interpretationen
gern miteinander auszutauschen.
Eröffnung der Ausstellung: Neue Fundstücke
Sonntag, den 20. März 2016 in der VHS Tübingen
von Jakobe Flachsenberg
Liebe Gäste dieser Vernissage in den Räumen der Volkshochschule Tübingen!
In einer seiner bekanntesten Parabeln erzählt Bertolt Brecht:
Ein Mann, der Herrn K. lange nicht gesehen hatte, begrüßte
ihn mit den Worten: "Sie haben sich gar nicht verändert."
"Oh!", sagte Herr K. und erbleichte.
Brecht lässt Herrn K. doch wohl erbleichen, weil dieser entsetzt ist darüber, dass
sein Bekannter nicht erkennt, dass Herr K. sich offenbar doch verändert hat. Sich
zu verändern ist demnach etwas Positives, etwas dem Menschen Notwendiges und
für ihn Erstrebenswertes, und eine Veränderung, die ich seit ein paar Jahren
beobachte, soll hier am Beginn meiner kurzen Ausführungen stehen.
Dieser Wandel, den ich jetzt beschreiben will, hat selbstverständlich mit Rosa
Eska zu tun, deren Ausstellung heute eröffnet wird. Auf dem Weg der Künstlerin von
ihrer früheren Existenz zu dem Leben als Rosa Eska hat sich in mindestens einem
Bereich eine Entwicklung vollzogen, die mich persönlich sehr erstaunt. Ich kannte
sie als Weltmeisterin in Sachen: "Aufräumen, Platz schaffen, sich leichten Herzens
von Überflüssigem und Veraltetem trennen". In dieser hinsicht war sie sogar mein
absolutes Vorbild, weil ich eher zu den Hamstern gehöre.
Und nun muss ich erleben, dass Rosa Eska ständig nach etwas Ausschau hält,
und wenn sie so manches findet, nichts davon wegwirft, sondern es aufbewahrt,
Dinge ansammelt, von denen sie zunächst nicht weiß, ob sie ihr jemals zu etwas
dienen können, vielerlei behält und aufhäuft: Kinderspielzeug und Gebrauchs-
gegenstände, Verrostetes und Blankes, Größeres und Kleineres, Scharfes und
Stumpfes, Festes und Weiches, Schilder mit rätselhaften Aufdrucken und neuerdings
auch beschriebene Papierschnipsel.
Dann macht sie Kunst daraus!
Und ich kann ihre Kunstobjekte auf ganz verschiedene Weisen anschauen. Ein
Beispiel: Bei uns zu Hause in der Küche hängt ein Rosa-Eska-Werk an der Wand, und
zwar ist ein gedeckter Tisch zu sehen: Auf einem leinenen Set liegen Messer und
Gabel rechts und links von einem Miniteller, und der ist gefüllt mit lauter Knöpfen.
Dieses Exponat hat mir zunächst einmal einfach spontan gefallen, die Zusammen-
stellung auf dem Tableau ist überraschend und lustig. Es beschreibt eine
Alltagssituation, die sicher für die meisten Menschen positiv besetzt ist: Der
Tisch ist bereitet, gleich gibt es etwas zu essen. Bei längerem Hinschauen mag
sich freilich noch eine zweite Verständnisebene erschließen, und zwar eine politische:
ein Kinderteller gefüllt mit Knöpfen erzeugt vielleicht die Assoziation, dass für
Millionen von Kindern auf dieser Welt das Essen einen ähnlich geringen Nähr-und
Gesundheitswert hat wie ein Haufen alter Knöpfe.
Eine zweite Rosa-Eska-Installation bei uns zu Hause zeigt ein Puppenhaus-
Schränkchen; darüber hängen vier rostige Schlüssel. Welche Assoziationsbreite
eröffnen diese fünf Gegenstände! Zunächst der Schrank, ein notwendiges Utensil in
jeder Wohnung. Darin kann nahezu alles aufbewahrt werden, etwa Rosa Eskas
gesammelte Kunstobjekte, oder wenn man uralten Witzen mit langem Bart glauben
mag, verbirgt eine Frau ihren Liebhaber im Schrank, falls der Gatte unerwartet früh
nach Hause kommt. Möglicherweise handelt es sich bei dem Liebhaber um einen
"Kerl wie ein Kleiderschrank", und der Ehemann ist davon überzeugt, dass seine
Frau "nicht alle Tassen im Schrank hat". Die vier Schlüssel über dem Schrank lassen
die Gedanken noch viel weiter schweifen: Sie sind verrostet. Können sie mir in
diesem Zustand noch zu einem "Schlüsselerlebnis" verhelfen? Deuten sie aus ein
"Schlüsselreiz" hin, wie ihn die Psychiatrie kennt? Verweisen sie auf die "Schlüssel-
qualifikation" in der Berufsausbildung? Verbergen sie den Schlüssel zu einem
"Schlüsselroman"? Dann müssten sie endlich die Antwort bieten auf die Frage,
mit der sich schon das Bundesverfassungsgericht herumgeschlagen hat, und
zwar die Frage, ob nun Klaus Mann mit dem Opportunisten Hendrik Höfgen in der
Realität Gustav Gründgens gemeint hat oder eben doch nicht. Viele Fragen und
viele mögliche Antworten.
Wenn ich will, kann ich auch die Kunsttheorie bemühen und Rosa Eskas
Installationen als Werke des Dekonstruktivismus einordnen, der gerade durch
Paradoxien Sinn schafft, durch Widersprüche zwischen den Alltagsfunktionen
der im Bild verarbeiteten Teile als Zeichen, Sinn und Bedeutung. Dekonstruktion
ist durch Offenheit gegenüber vielfältigen Interpretationsansätzen gekenn-
zeichnet, und mit welchen Augen und auf welcher Verständnisebene auch
immer jeder von Ihnen, jede von euch die Exponate betrachtet, ich wünsche und
verspreche dabei viele Überraschungen.
Vielen Dank fürs Zuhören.